Die versenkbaren Geschütztürme

Da die Geschütztürme in alle Richtungen schießen konnten waren sie eine interessante Ergänzung zu den Kasemattengeschützen. In versenkter Position waren die Geschütztürme nahezu unverwundbar. Allerdings waren sie zu ihrer eigenen Nahverteidigung und der des Kampfbunkers ungeeignet da sie in ausgefahrener Position sehr verwundbar waren. Aus diesem Grund konnten sie nicht als alleinige Bewaffnung eines Bunkers eingesetzt werden.

Abhängig von ihrer Bewaffnung wurden die Versenktürme unterschiedlich in den Kampfbunker eingebaut: Geschütze mit gerader Schußbahn (MG, Kombinationswaffe, und 75 mm) wurden auf den Bunker aufgesetzt, d.h. sie ragten über die Bunkerdecke hinaus während die Geschütze mit gekrümmter Schußbahn (Parabel; 81 mm und 135 mm ) im Vergleich zur Bunkerdecke leicht versenkt waren.

Die Geschütztürme der Maginotlinie sind eine Weiterentwicklung des 75 mm Geschützturmes Modell 1905, welcher sich während des ersten Weltkrieges in Verdun bewährt hat. Der Versenkmechanismus ist relativ einfach: an einem Hebelarm sind auf der einen Seite ein Gegengewicht und auf der anderen Seite der eigentliche Turm aufgehängt. Da sich beide Seiten im Gleichgewicht befinden genügt ein kleiner Elektromotor um den Turm ein- oder auszufahren. Für den Fall einer Strompanne kann der Turm auch manuell bewegt werden.

Ein Geschützturmbunker setzt sich folgendermaßen zusammen:

 

MG-Turm:

Billig
Anzeling
MG-Turm des Bunkers 2 des Artilleriewerks Billig (A18).
MG-Turm des Bunkers 1 des Artilleriewerks Anzeling (A25).
   

Der MG-Turm ist mit einem Zwillings-MG (zwei MAC 31 F) ausgerüstet. Eine 25 mm PAK war auch vorgesehen, wurde jedoch nur bei wenigen Türmen eingebaut (z.B. Bambesch Bunker 1).

Von links nach rechts erkennt man auf den obigen Fotos folgende Öffnungen: MG, Zielvorrichtung, 25 mm PAK, zweites MG.

 

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Geschützturm 75 mm Modell 1905 R modifiziert 1934:

Chenois
Douaumont
Das einzige eingebaute Exemplare des 75 mm Geschüzuturms Modell 1905 R befand sich in Bunker 5 des Artilleriewerks Chênois.
Ein 75 mm Turm Modell 1905 R des Forts Douaumont (Verdun).
   
Bei dem 75 mm Geschützturm Modell 1905 handelt es sich um die gleiche Waffe wie sie auch schon im ersten Weltkrieg eingesetzt wurde. Bloß die Panzerung und der Schußwinkel wurden im Jahre 1935 erhöht. Nur ein einziges Modell dieses Turmes wurde verbaut (Artilleriewerk Chênois, Bunker 5) welches mittlerweile aber leider nicht mehr vorhanden ist. Es war jedoch vorgesehen auch noch andere Türme dieses Modells zu verbauen (z.B. Velosnes).

 

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Geschützturm 75 mm Modell 1905 R modifiziert für zwei Kombinationswaffen:

La Ferté
Thonnelle
75 mm Geschüzuturm Modell 1905 R modifiziert für zwei Kombinationswaffen (Infanteriewerk La Ferté, Bunker 2).
75 mm Geschüzuturm Modell 1905 R modifiziert für zwei Kombinationswaffen (Infanteriewerk Thonnelle, Bunker 4).
   
Velosnes
75 mm Geschüzuturm Modell 1905 R modifiziert für zwei Kombinationswaffen (Artilleriewerk Velosnes, Bunker 1).
 
Bei dem 75 mm Geschützturm Modell 1905 modifiziert für zwei Kombinationswaffen handelt es sich ebenfalls um das 75 mm Geschütz des ersten Weltkrieg eingesetzt welches umgebaut wurde um anstelle seiner zwei 75 mm Kanonen zwei Kombinationswaffen (Zwillings-MG und 25 mm PAK) aufzunehmen. Die beiden Kombinationswaffen konnten unabhängig von einander ausgerichtet werden.

 

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Geschützturm 75 mm Modell 1932 R:

Mont des Welches
Soetrich
Der 75 mm Geschützturm von Bunker 4 des Artilleriewerks Mont des Welches (A21).
Der 75 mm Geschützturm von Bunker 5 des Artilleriewerks Soetrich (A11).
   

Die Zielvorrichtung befindet sich zwischen dem obern (Schießraum) und dem mittleren Stockwerk. Mittels eines elektrischen Motors konnte die Waffe ausgerichtet werden. Es war sogar möglich die Drehgeschwindigkeit zu variieren.

Das 75 mm Turmgeschütz ist identisch mit dem 75 mm Kasemattengeschütz, nur eben als Zwillingsgeschütz ausgelegt. Diese Waffe konnte auch die Bereiche verteidigen, die für die Granatwerfern unerreichbar waren. 24 dieser Geschütze (12 Türme) wurden im Nord-Osten eingebaut.

 

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Geschützturm 75 mm Modell 1933:

Fermont Bunker 1
Métrich Bunker 8
Der 75 mm Geschützturm (Modell 1933) vom Bunker 1 des Artilleriewerks Fermont (A2) in eingefahrenem Zustand.
Der 75 mm Geschützturm (Modell 1933) vom Bunker 8 des Artilleriewerks Métrich (A17) in ausgefahrenem Zustand.
   
Métrich Bunker 8
Grössenvergleich (Bunker 8 Métrich).
 

Der 75 mm Geschützturm Modell 1933 besitzt zwei Zielvorrichtungen. Eine Zielvorrichtung befindet sich im Schießraum (obere Etage) für Direktbeschuß mittels Fernglas welches in die Panzerung eingebaut ist. Die andere befindet im mittleren Stockwerk und ermöglicht den indirekten Feindbeschuß (ohne direkten Sichtkontakt). In diesem Fall werden die Feindkoordinaten von einem anderen Bunker, z.B. einem benachbarten Beobachtungsbunker, zum Kommandoposten des Geschützturms übermittelt. Anschließend wird das Geschütz nach diesen Koordinaten ausgerichtet und kann feuern.

Der 75 mm Turm ist mit zwei 75 mm Kanonen ausgestattet welche identisch sind mit den 75 mm Kasemattengeschützen. 21 dieser Geschütztürme, bzw. 42 einzelne Geschütze, fanden ihre Berufung in der Maginotlinie (16 Geschütztürme im Nord-Osten und 5 Geschütztürme im Süd-Osten).

 

Eigenschaften der 75 mm Turmgeschütze:

Modell
1933
1932 R
1905 R
Reichweite (m)
11900
9200
8200
Schuß/Minute
26
26
20
Länge des Laufes (m)
2,421
1,555
1,555
Rechtsdrall (Windungen)
24
24
24
Horizontales Schußfeld
360°
360°
360°
Vertikales Schußfeld
-2° bis +40°
-5° bis +35°
0° bis +30°

 

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Geschützturm 135 mm Modell 1932:

Molvange Bunker 4
Molvange Bunker 4
Der 135 mm Geschützturm von Bunker 4 des Artilleriewerks Molvange (A09).
Der 135 mm Geschützturm von Bunker 4 des Artilleriewerks Molvange (A09).
   

Der 135 mm Granatwerfer wurde eigens für den Einsatz in Befestigungen entwickelt. Die Geschützturmwaffe ist identisch mit der Kasemattenwaffe. Der 135 mm Granatwerfer wurde eingesetzt um Angriffsversuche des Feindes in der Nähe des Bunker zu zerschlagen.

Beim Geschützturm 135 mm Modell 1932 befindet sich die Zielvorrichtung im mittleren Stockwerk. Der Munitionsnachschub erfolgt halbautomatisch (Typ "Gallé"-Kette). Beide Rohre feuern gemeinsam.

 

Eigenschaften der 135 mm Granatwerfer:

Modell
Kasemattengeschütz
Turmgeschütz
Reichweite (m)
5600
5600
Minimale Reichweite (m)
-
320
Schuß/Minute
6
12
Länge des Laufes (m)
1,145
1,145
Rechtsdrall (Windungen)
16
16
Gewicht (kg)
ca. 288
ca. 288
Horizontales Schußfeld
45°
360°
Vertikales Schußfeld
0° bis +40°
+9° bis +45°

 

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Geschützturm 81 mm Modell 1932:

Latiremont Bunker 4
Métrich Bunker 5
Der 81 mm Geschützturm von Bunker 4 des Artilleriewerks Latiremont (A3).
Der 81 mm Geschützturm von Bunker 5 des Artilleriewerks Métrich (A17).
   

Der 81 mm Mörser Modell 1932 ist eine Ableitung aus dem 81 mm Infanteriemodell 1927/31 "Stokes-Brandt". Seine Reichweite beträgt 3,6 km. Die gleiche Waffe kommt auch in den Kasematten zum Einsatz. Sie wurde zur Nahverteidigung der Bunker entwickelt und konnte auch Senken bestreichen. Die Granatsplitter sind bis zu einem Radius von 10 Metern sehr gefährlich.

Die Geschützrohre (ohne Windungen) sind in einem festen Winkel von 45° installiert. Durch den Einsatz unterschiedlicher Treibladungen war es möglich die Reichweite zu variieren.

Die Zielvorrichtung befindet sich auf dem mittleren Stockwerk.

 

Eigenschaften der 81 mm Granatwerfer:

Modell
Kasemattengeschütz
Turmgeschütz
Reichweite (m)
3600
3600
Schuß/Minute
13
26
Länge des Laufes (m)
1,575
1,575
Gewicht (kg)
ca. 2000
ca. 2000
Horizontales Schußfeld
45°
360°
Vertikales Schußfeld
45°
45°

 

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Geschützturm für Kombinationswaffe und 50 mm Mörser (1935):

Anzeling
Anzeling
Anzeling (A25) Bunker 9: Der letzte noch existierende Geschützturm für Kombinationswaffe und 50 mm Mörser.

Anzeling Bunker 9

1
Zielfernglas
2
Kombinationswaffe
3
50 mm Mörser (Schußwinkel 45°)

(Quelle: MARY, J.-Y.: HOHNADEL, A.: Hommes et ouvrages de la ligne Maginot, Tome 2, 2001)

 
Dieser Geschützturm ist eine neuere Entwicklung. Die Hebe- und Senkvorrichtung besteht aus drei Gegengewichten welche im Dreieck angeordnet sind. Ein solcher Turm ist relativ kompakt und kann eine Kuppel für Kombinationswaffe und eine Granatwerferkuppel ersetzen. Sieben Exemplare dieses Turmes wurden gebaut (6 davon wurden in den Werken und Kasematten des Nordens verbaut), nur einer ist noch erhalten (Anzeling, Bunker 9).